„Das Wichtigste ist, Jo nicht zum Einkaufen zu schicken”, beginnt John, die eine Hälfte des Ehepaars von Ten Mallorca – einem Boutique-Stadthotel im Zentrum von Sineu. Joanna erzählt, wie ihre Reise zu den Hotelbesitzern durch eine völlig unerwartete Wendung zustande kam. „Wir waren ziemlich erschöpft, weil wir beruflich 25 Jahre lang das Gleiche gemacht hatten”, erklärt sie. Da sie wussten, dass sie ihre Beratungsfirma auch aus der Ferne betreiben konnten, entschieden sie sich für einen Umzug nach Nizza, wo sie eine Ferienwohnung besaßen. Der Alltag im lärmenden Zentrum war jedoch nicht so, wie sie gehofft hatten.
Da John ein begeisterter Radfahrer ist und sie regelmäßig nach Mallorca reisten, beschlossen sie, ihren Lebensmittelpunkt auf die Insel zu verlegen. Sie wollten einen „Glaskasten” in Port de Sóller, in dem sie arbeiten konnten, während sie auf das Meer hinausschauten. Da John viel beschäftigt war, machte sich Jo allein auf Haussuche. Auf dieser Reise stieß sie auf ein großes altes Gebäude in Sóller, das zum Verkauf stand. Mit 10 Schlafzimmern und seit den 20er-Jahren nicht mehr renoviert, hätte es nicht weiter von ihren Vorstellungen entfernt sein können. Aber Jo war hingerissen. „Es ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf”, erinnert sie sich. Sie gab ein günstiges Angebot ab, das angenommen wurde. Komplikationen führten dazu, dass der Verkauf nicht zustande kam, aber sie hatte nun einen neuen Traum: ein Hotel eröffnen. Sie musste nur noch John überzeugen…
Drei Jahre bis zur Eröffnung
John war schnell überzeugt und die perfekte Immobilie wartete in Sineu auf sie – ein ehemaliges Priorat, das in eine große Villa verwandelt worden ist. Der Kauf ging relativ schnell über die Bühne, aber die Umwandlung in ein Hotel dauerte fast drei Jahre. „Es war eine große Aufgabe, aber wir haben einen lokalen Bauunternehmer mit einem kleinen Team beauftragt. Wir bekamen die Qualität, die wir wollten, es dauerte nur länger”, erklären sie. Nicht nur die Kommunikation war ein großes Hindernis, sondern auch die Art und Weise der Abwicklung. „Handwerker sagten uns: ‚So machen wir das‘, doch wir mussten oft mit ‚Aber wir wollen es so‘ antworten”, erinnert sich Jo. Die Tatsache, dass sie selbst vom Fach sind, hat die Angelegenheit nicht einfacher gemacht. Das sehen beide ein.
Schließlich (und neun Überschwemmungen später) war das Hotel fertig. Da sie jedoch keine Erfahrung in der Leitung eines Hotels hatten, waren sie etwas eingeschüchtert. „Mir war richtig bange”, gesteht Jo, „da ich nicht einmal wusste, wie man ein Bier einschenkt.” Außerdem wurde das Hotel im Herbst 2019 eröffnet, nur sechs Monate vor dem ersten Covid-Lockdown. „Zunächst störte uns das nicht. Wir dachten nicht, dass es so lange dauern würde und hatten Lust auf ein paar Wochen Urlaub!”
Anpassung an die neue Normalität
Sie erkannten, dass sie sich anpassen mussten und legten den Fokus auf Inselbewohner und Aufenthalte mit Abendessen. Es war ein voller Erfolg. Schon bald luden sie Spitzenköche der Insel in ihre Küche ein, darunter auch den Privatkoch und Sternekoch Piers Dawson. Die Events waren so beliebt, dass sie sogar einen Supper Club für Privatmitglieder gründeten. Es war eine clevere Strategie, die es dem Hotel ermöglichte, auch während den schlimmsten Zeit der Pandemie am Laufen zu bleiben.
Allmählich kehrt zwar wieder Normalität ein, Reservierungen werden aber immer noch häufig storniert oder verschoben. „Heutzutage notieren wir Buchungen mit Bleistift”, lacht John. Ein Rat an andere mit ähnlichen Ambitionen? „Mit einem Wort: Geduld. Man muss sich das Slow-Living-Konzept wirklich zu eigen machen!“, schmunzelt Jo.
Photos by Sara Savage
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